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Endlich wieder Bundesliga - Die Leidenszeit ist vorbei, oder doch nicht?

13.05.2020
Endlich wieder Bundesliga - Die Leidenszeit ist vorbei, oder doch nicht?

Es ist geschafft - die bald zehnwöchige Durststrecke ist zu Ende. Damals nämlich fand das erste Geisterspiel der Bundesliga-Geschichte statt. Am kommenden Wochenende werden neun weitere folgen.

Deutschland in Vorreiterstellung

Mal wieder blickt die ganze Welt neidsich auf Deutschland. Während in sämtlichen großen Ligen der Ball entweder noch ruht oder gar die Spielzeit bereits abgebrochen wurde und allgemeines Chaos herrscht, starten die Deutschen am kommenden Wochenende, zumindest fußballerisch, wieder in Richtung Normalität. Selbstverständlich begleitet vom Aufschrei vieler Fußballdesinteressierten, denen es die Zornesröte à la Uli Hoeneß ins Gesicht teibt, beim Gedanken, dass der Fußball mal wieder eine Extrawurst bekommt. Ob gerechtfertigt oder nicht - darauf will ich gar nicht eingehen und würde als leidenschaftlicher Fußballfan womöglich eh die nötige Objektivität vermissen lassen. Also seis drum.

Das Gehirn spielt uns einen Streich: Schlechte Erinnerungen verblassen mit der Zeit

Jedenfalls freue ich mich wie ein Schnitzel, dass es endlich wieder losgeht. Dachte ich zumindest und dann fällt mir auf, dass ich meine negativen Erinnerungen im Nachhinein mal wieder im positiven Licht erscheinen. Denn ich höre mein zehn Wochen jüngeres Ich auch noch sagen: "Lieber gar kein Fußball als Geisterspiele, das kann man ja nicht anschauen, beim besten Willen das geht überhaupt nicht". Und so befürchte ich, dass ein Großteil gerade verdrängt, dass die angesetzten Geisterspiele wenig mit dem Fußballerlebnis zu tun haben werden, wie wir sie kennen. Nach dem Motto: "Lieber rege ich mich über etwas auf als es gar nicht zu haben." Unbestritten werden die kommenden Begegnungen wohl eher Testspielen gleichen. An einem Beispiel wird das ganz deutlich: Am Wochenende steht das Revierderby vor der Tür (deshalb wollte ich in meinem Titelbild auch dem optischen Fan-Typus des FC Schalke 04 gerecht werden). Was waren das nicht schon für epische Schlagabtausche, immer getrieben von den fantastischen Fanlagern beider Seiten. Erst die Fans machen das Derby besonders, sorgen für ein Tollhaus, das ansteckend auf die Protagonisten auf dem Platz wirkt. Das sind also schon mal zwei Komponenten, die einen Revierkampf von einem normalen Spiel abheben, die emotionalisierten und aufgestachelten Spieler sowie Fans. Die dritte ist die Tabellensituation. Diese wäre derzeit prädestiniert für ein Derby, bietet Zündstoff ohne Ende: Dortmund lechzt noch nach dem Meistertitel, Schalke schnuppert seit Jahren wieder am internationalen Geschäft. Doch nun kommt die entscheidende Komponente, die den Derby-Geist erst so richtig entfacht: Das Leben im Ruhrpott in den Tagen und Wochen davor. Es gibt nur ein Thema: Blau gegen Gelb. In jeder Kneipe, in jedem Supermarkt, an jeder Ecke gibt es nur dieses alles entscheidende Spiel. Als würde ein 17-Jähriger mit aller Sehnsucht auf die Volljährigkeit warten - so in etwa muss sich das Warten auf das Ruhrderby anfühlen. Nun fällt dieser Mosaikstein aber weg, es gibt im Moment keine Fankultur im öffentlichen Leben. Und somit liegt auch dieses Knistern, diese besondere Stimmung nicht in der Luft. Ich befürchte die Fallhöhe wird sehr hoch sein. Denn wenn nicht mal mehr ein Derby einigermaßen ertragbar wird ohne Fans und die Umgebung in ihren Bann ziehen kann, wie soll man dann Spiele wie Düsseldorf - Paderborn, die mit Zuschauern und Emotionen schon nur für Hartgesottene erträglich sind, überstehen ohne die Lust an der Bundesliga zu verlieren?

Das Fehlen des Drumherums

Ein Sprichwort besagt: geteiltes Leid ist halbes Leid. So ist eine furchtbare Bundesliga-Konferenz am Samstagmittag im Beisein seiner Freunde durchaus trotzdem einigermaßen angenehm. Man kann sich gegenseitig provozieren, schadenfreudig aufs Korn nehmen oder ganz Bayern-Like arrogant von oben auf die anderen Fans herabschauen (Da gibt es ja auch dieses Phänomen, dass sich jeder Bayern-Fan persönlich für den Erfolg des FCB verantwortlich fühlt und sich somit in der Gesellschaft schulterklopfend und mit neuem Selbstvertrauen betankt über einen herkömmlichen Fan stellt). Nun fehlen aber schon die Emotionen im Spiel an sich und auch das Drumherum bricht weg, wenn man also trist alleine oder zu zweit in den heimischen vier Wänden die Geisterspiele befolgt. Man bekommt folglich die volle Breitseite ab - das ganze Leid, das nicht geteilt werden kann. Und so schwant mir, dass aus der derzeitigen Begeisterung sehr schnell Ernüchterung wird, die letztendlich in emotionslose Gleichgültigkeit mündet. Denn im Endeffekt sind diese Spiele bis zum Ende der Saison nur Mittel zum Zweck und haben wenig bis gar nichts gemein mit dem, weshalb der Fußball die Massen nun schon über Jahrzehnte in den Bann zieht.

Auch wenn die Geisterspiele starten - die Leidenszeit ist noch lange nicht vorbei.


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Dominik

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