Nachteule-Tabitha blubbrt
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Couchsurfing - Abenteuer im Wohnzimmer

Nachteule-Tabitha
15.11.2019

Nur einmal angenommen, du würdest gerade nicht gemütlich in deinem Bett liegen oder heimlich unter der Schulbank im Internet scrollen. Stell dir nur einmal vor, du wärst stattdessen unterwegs in einer fremden Stadt und wohlmöglich sogar in einem anderen Land, und würdest spät auf nach einer Unterkunft für die Nacht suchen.

Die glitzernden Fassaden der Hotels tun weder deinen müden Augen noch deinem Geldbeutel gut, auf die Anonymität und die Verlorenheit, die dort mit in den Gängen wohnt, hast du keine Lust. Alles was du brauchst, ist ein Dach über dem Kopf und jemanden zum Reden. Wie hat sich das Reisen heute angefühlt?  Willst du wissen, wo es das beste Eis der ganzen Stadt gibt? In den vielen Häusern um dich herum brennen noch die Lichter, und du musst der Versuchung widerstehen, einfach einmal zu klingeln. Hallo, hier bin ich! Ist da jemand, auf dessen Couch ich vielleicht schlafen könnte? An dieser Stelle eine gute Nachricht: da ist definitiv jemand. Oder genauer gesagt - 12 Millionen Menschen auf der ganzen Welt.

Seit dem Jahr 2008 ist Couchsurfing eine von zahllosen Internetplattformen. Sie lässt sich innerhalb von dreißig Sekunden aufrufen, weitere fünf Minuten später ist das Profil eingerichtet. Dann bist du bereit zum Lossurfen, aber worauf eigentlich? Auf Sofas?

Ganz so hat es sich Casey Fenton wahrscheinlich nicht vorgestellt, als er im Alter von 20 Jahren vom US-amerikanischen Bundesstaat Maine nach Island reiste - mit dem günstigsten Flug, den er finden konnte. Er wollte dort eigentlich nur vor sich hin leben- aber dazu braucht man nun mal doch ein Dach über dem Kopf. Durchschnittliche Menschen greifen an dieser Stelle zum Handy, zum Telefonhörer oder zum Türknauf des nächstbesten Hotels und buchen sich in schönster Ordnung ein bezahltes Zimmer mit frischer Bettwäsche und Zartbitterschokolade am Fußende. Für Fenton offenbar zu einfallslos. Man kann immerhin genauso gut einen Hackerangriff auf die Homepage der Universität von Reykjavík starten. Die 1500 Studenten, die daraufhin eine E-Mail von Casey Fenton bekamen, fanden seine Aktion jedenfalls super. Und Fenton konnte sich vor freundlichen Übernachtungsangeboten gar nicht mehr retten. So entstand in der nördlichsten Hauptstadt der Welt eine Idee, die bald darauf in aller Herren Länder ziehen sollte: Couchsurfing. Im Prinzip eine Internetplattform, auf der die “Surfer”, die mit ihrem Gepäck losgezogen sind um die Welt zu sehen, mit den “Hostern” in Kontakt treten, mit Menschen, die bereit sind, ihre Türen für Fremde zu öffnen und ihnen einen Unterschlupf zu gewähren. Fremde, das sind nach einem bekannten Zitat unbekannter Herkunft und nach der Philosophie von Couchsurfing ohnehin nur Freunde, die man noch nicht kennengelernt hat.

Um diese Freunde zu treffen, meldet man sich kostenlos bei Couchsurfing an und beginnt, das eigene Profil einzurichten. Dabei beantwortet man neben den Hard Facts wie Alter, Herkunft und Sprachen auch all die Fragen, die man einem Menschen wohl möglich stellen würde, wenn man ihn kennenlernt. Welche Musik hörst du, welches Buch liebst du?

Was hast du zu sagen, was kannst du der Welt beibringen? Was ist eines der besten Dinge, die du in deinem Leben getan hast?
Diese Angaben sind vor allem dann wichtig, wenn man sich entschließt, sich auf die Suche nach einem Hoster oder einem Surfer zu machen. Die Person am anderen Ende kann bereits abschätzen, wie jemand zu sein scheint, ob ähnliche Interessen vorliegen und wie der gemeinsame Aufenthalt verlaufen könnte.

Hat man beispielsweise einen sympathischen Couchsurfer am Reiseziel gefunden, stellt man eine Anfrage, in der man Angaben zu An- und Abreise und Personenanzahl macht, sowie einen kurzen freundlichen Text schreibt. Die angefragte Person kann dann entscheiden, ob sie mit “Ja”, “Nein” oder “Vielleicht” antwortet und auch eine persönlich verfasste Nachricht hinzufügen. So entstehen Übernachtungsmöglichkeiten und Freundschaften über eine Website - auf Gegenseitigkeit basiert und kostenlos. 

Das Erlernen von Hackerskills und Programmiersprachen bleibt also aus. Dass es trotzdem nicht ganz so einfach ist, dürfte jedem klar sein. Auf jede geniale Idee und nach jeder gelungenen Umsetzung folgen Menschen, die sie zweckentfremden und für egoistische oder gar illegale Zwecke nutzen. Das weiß auch Couchsurfing. Menschen, die weniger an kulturellem Austausch interessiert sind als an Gewalttaten, wird es daher schwer gemacht. Dazu trägt die Funktion bei, Nutzern nach einem erfolgten Couchsurfing-Matching Rezensionen zu schreiben, die später für alle Nutzer ersichtlich sind. Sowohl als Hoster als auch als Nutzer wird man also bei schlechten Bewertungen von zukünftigen Mitgliedern gemieden. Des Weiteren kann Couchsurfing negativ aufgefallene Mitglieder sperren, und schnell reagieren, falls diese versuchen, sich mit einem neuen Konto erneut anzumelden.

Unter den 12 Millionen Nutzern von Couchsurfing sind solche Fälle die Ausnahme. Sichergehen kann man nie, aber mit einigen einfachen Regeln kann das Risiko, einem nicht wohlgesonnenen Menschen zu begegnen, minimiert werden. Das Profil eines Nutzers kann als Aushängeschild verstehen werden und liefert den berühmten ersten Eindruck. Der stimmt meist dann, wenn die Person offen und freundlich von sich erzählt, gut erkennbare Portraitbilder in hoher Qualität bereitstellt und außerdem gute Rezensionen aufweisen kann. Um diesen Anhaltspunkt aufrecht zu erhalten, ist es wichtig, selbst ehrliche Rezensionen zu verfassen, wenn man ein Couchmaching hinter sich hat.

Nicht alle Männer auf Couchsurfing haben böse Absichten, vollkommen klar. Als allein reisende Frau kann es dennoch ratsam sein, mithilfe eines Filters in der Suchmaske zunächst primär nach Frauen zu suchen - schon alleine, um die Nacht entspannt verbringen zu können. Die Nachrichtenfunktion von Couchsurfing dient nicht nur der Bestätigung oder Absage eines Matchings, sie sollte auch unbedingt genutzt werden, um einen ersten Kontakt aufzubauen und dabei auf das eigene Bauchgefühl zu hören. Wie freundlich scheint die Person, zeigt sie Interesse und wenn ja inwiefern? Derartige Fragen können wegweisend sein. Eine gute Idee, die nur nicht immer umsetzbar ist: den Couchsurfer zunächst an einem öffentlichen und belebten Ort treffen, bevor es in den privaten Bereich geht. Bei einem unguten Gefühl kann das Hosting spontan noch abgesagt werden, wenn nicht ist es umso besser. Die Couch - oder das Bett, oder die Luftmatratze - wartet bereits!

Außerdem wartet auch eine unglaublich schöne Erfahrung: Menschen einer völlig anderen Kultur kennenzulernen, mit ihnen das alltägliche Leben zu sehen, Gespräche bis tief in die Nacht zu führen. Außer es geht einem so wie mir. Ich habe bisher einmal Couchsurfing genutzt, als ich von der Insel Lipari mit der Fähre nach Neapel gefahren bin und die Nacht bis zu meinem Anschlussbus am nächsten Morgen überbrücken musste. Ich war zuvor einen Monat auf Lipari und dachte, ich bin so cool und verfasse meine Surfanfrage auf Italienisch. Was soll ich sagen: nicht ganz so cool. Mein Hoster hat durch meine Nachricht logischer Weise den Eindruck erhalten, ich spräche fließend Italienisch. Wohingegen er leider kein Wort Englisch, Deutsch, Spanisch oder Französisch spricht.

So stand ich eines schönen Abends spät auf in Neapel vor den geschlossenen Toren einer Metrostation, und hatte keine Ahnung, wie zum Himmel ich zu der Wohnung des Couchsurfers in einem anderen Stadtteil gelangen sollte. Alles was er am Telefon sagte war: “No, scusi, no ti capito quanto parli en inglese!” – mein Problem verstand er also nur, wenn ich Italienisch mit ihm sprach.
Wie ich es geschafft habe, dass er kurz darauf mit dem Auto vor mir stand, wie ich die Nacht und den Morgen über mit ihm kommunizieren konnte - ich weiß es auch nicht genau. Hände und Füße können ziemlich hilfreich sein. Fakt ist: es war ein Abenteuer. Eines von vielen, von denen man spät auf noch träumen kann.

Und wer weiß? Vielleicht führt mich die nächste Couchsurfing-Reise an einen Ort, an dem man nicht nur deutsch, sondern sogar broitschwäbisch schwätza kann...

Seid gespannt!

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