Nachteule-Tabitha blubbrt
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Ehrenamt im Pfingstzeltlager der Sportkreisjugend Sigmaringen

Nachteule-Abiwahn
17.05.2019

Heute bin ich das Gegenteil von spät auf. So gerne ich es wäre, die Sehnsucht nach Schlaf, die Erschöpfung und die Müdigkeit überwiegen deutlich, und das hat einen Grund. In den letzten 6 Tagen habe ich mein warmes Bett, das große Zimmer und die Schule eingetauscht gegen die freie Natur und einen Zeltplatz mitten darin. In diesen fünf Nächten habe ich zusammengezählt etwa zehn Stunden geschlafen und war von der Wärmeflasche nahezu abhängig.

Nach jeder Nacht bin ich mit etwa 25 anderen aufgewacht und konnte hinter den dünnen Zeltwänden bereits das Geschrei von 192 Kindern hören, die meinten, 7 Uhr morgens wäre eine gute Zeit für ein erstes Fußballspiel im Streetsoccer oder eine Runde Federball. Vielleicht hört sich das nach Stress an, und nach etwas, das man so schnell wie möglich vorbei haben will. Realität ist aber, dass die 6 schönsten Tage des Jahres hinter mir liegen, die ich nur deswegen erleben durfte, weil ich mich vor vielen Jahren entschlossen habe, am Pfingstzeltlager der Sportkreisjugend Sigmaringen teilzunehmen.

Damals, mit 13, habe ich mich innerhalb von sechs regnerischen Tagen sturmverliebt: in die Lagerwiese unter der Ruine Hornstein im Fäules Loch, in die niemals langweilig werdenden Programmpunkte und das engagierte Betreuerteam. Seitdem bin ich jedes Jahr gekommen, und als ich langsam zu alt wurde, als Teilnehmer dabei zu sein, stand für mich fest, dass ich dem Pfizela unmöglich den Rücken zukehren und mein Pfingsten wieder zuhause verbringen könnte. So wurde ich über drei Jahre des Erprobens zum Betreuer und gehöre jetzt zu den rund 30 Leuten aus allen Altersklassen, die unter der Leitung von Frank Saalmüller dafür sorgen, dass zahllose Kinder aus dem ganzen Landkreis eine unvergessliche Zeit erleben.

Was genau diese sechs Tage so besonders macht, lässt sich schwer beschreiben. Vielleicht ist es das Programm, das von einer Nachtwanderung über eine Schwarzlichtparty, einem Fackellauf, einem Orientierungslauf, einer Kanutour über die Donau und einem gigantisch großen Feuer (auch als JessesHöllenFeuer bekannt) alles beinhaltet. Vielleicht auch die Tatsache, dass der Landkreis über diese Form der Begegnung näher zusammenkommt. Ich bin dafür das beste Beispiel. Aufgrund der Busverbindungen fahren Inneringer Kinder in die weiterführende Schule nach Gammertingen, nicht nach Sigmaringen. Nach Gammertingen kommen auch sehr viele Schüler aus den umliegenden Landkreisen, wie dem Zollern-Alb-Kreis oder Reutlingen. Die Folge ist, dass ich wahrscheinlich mehr Freunde in anderen Landkreisen als in meinem eigenen habe.

Im Pfizela ist es so, dass vorwiegend Leute aus dem Landkreis Sigmaringen zusammenkommen, und zwar aus allen denkbaren Ecken. So fährt man am Ende nach Hause und kennt Leute aus Ortschaften, die vorher nur Worte waren, ohne jeglichen Bezug. Wenn ich jetzt durch die Sigmaringer Fußgängerzone oder das Freibad laufe, hoffe ich immer, dass mir ein Betreuer oder ein Teilnehmer des Pfizelas über den Weg läuft, was geographisch gesehen ziemlich wahrscheinlich ist, und tatsächlich ist es auch schon das eine oder andere Mal passiert. Dann lächelt man sich zu, sagt Hallo und freut sich auf das nächste Jahr im Pfizela, wenn man wieder aus demselben Grund an denselben Ort gekommen ist.

Sehr oft ist es aber auch so, dass man bestimmte Leute ausschließlich während diesen 6 Tagen zu Gesicht bekommt, und danach wieder 365 Tage nicht mehr. Das ist traurig, aber gleichzeitig völlig natürlich und in Ordnung. Ich habe dort Freunde, die kann ich eine Ewigkeit nicht sehen und sie trotzdem innerhalb von Stunden wieder beste Freunde nennen. Zu wissen, dass es so etwas gibt, ist unglaublich beruhigend in dieser schnelllebigen, nervenaufreibenden Zeit.

Manchmal könnte man meinen, auf dem kleinen, kreisrunden Platz steht die Zeit einfach still und die Probleme der normalen Welt bleiben draußen. Das Pfizela erinnert an eine schillernde Blase, in der man sorgenlos hin und her hüpfen kann, und die es schwer macht, wieder auszusteigen. Je öfter ich dort war, desto mehr ist mir aber klar geworden, dass die kleinen und großen Probleme auch hier nicht Halt machen. Das ist wohl unmöglich, es sei denn man setzt sich mit einem Ein-Mann-Zelt im Outback ab, wird zum Aussteiger und hat fortan nur noch mit den Problemen der Jäger und Sammler, mit riesengroßen Spinnen und nächtlicher Kälte zu kämpfen.

Jeder Betreuer und jedes Kind hat seine Schwierigkeiten und Hindernisse im Leben, 6 Tage auf engem Raum bieten viel Konfliktpotential und auch wenn das Internet auf dem Lagerplatz teilweise sehr zu wünschen übrig lässt (ich träume immer noch von einem WLAN Router auf dem Platz), finden schlechte Nachrichten aus aller Welt ihren Weg ins Lager und lassen uns zurück mit der Frage: Was geht eigentlich ab in der Welt? Wenn in Bingen die Sonne untergeht und die Grillen auf dem Platz fast lauter zirpen als die Kinder lachen, ist es kaum vorstellbar, dass Kilometer oder Flugstunden weiter gerade die Hölle los ist und von einer schillernd bunten Blase nichts zu sehen ist.

Der entscheidende Punkt im Pfizela ist aber, dass man mit Problemen nicht alleine ist. Für die Kinder stehen immer Betreuer bereit, und auch im Betreuerteam herrscht ein bemerkenswerter Zusammenhalt. Jeder, der schon einmal eine Nacht am Lagerfeuer verbracht hat, weiß wie einfach es plötzlich ist, Dinge auszusprechen, die ansonsten immer viel zu schwierig waren. Auch zwischen diesen 24 Zelten bleiben Konflikte und unvorhergesehene Ereignisse nicht aus. Es gab noch in jedem Jahr etwas, das uns gefühlt an die eigenen Grenzen stoßen ließ – und wir haben sie alle überwunden. Und sei es nur, eine Spinne in gigantischer Größe aus dem Zelt zu entfernen. Übrigens ein weiteres, sehr gutes Argument: nach 6 Tagen „Wildnis“ ist man gegenüber jeglichen Insekten wieder eine Weile abgehärtet. Man beginnt, die kleinen Dinge außerordentlich zu schätzen, wie die eigene Toilette anstelle des Klowagens, das eigene, ruhige Zimmer und der unschätzbare Luxus, morgens nicht fröstelnd aufzuwachen, weil die Wärmeflasche mit der Zeit kalt geworden ist.

Und dann, wenn man diese kleinen, unscheinbaren Alltagsereignisse wieder ausreichend genossen und zelebriert hat, beginnt man alles zu vermissen. Keinen Moment lang würde ich die 6 Tage Zeltlager als Zeitverschwendung bezeichnen, nur weil ich „arbeite“ ohne Geld dafür zu bekommen. Das ist meiner Meinung nach Ehrenamt: sich für etwas einzusetzen, für das man brennt, ohne nach dem Sinn oder dem Mehrwert fragen zu müssen. Es liegt einfach auf der Hand: wenn ich eine Gruppe kleiner Mädels durch die Nachtwanderung begleite, die sich vor den Gruselvorführungen fürchten, die das Nachtwanderungs-Team in vielen Stunden vorbereitet hat, dann beruhige ich die Kinder und verrate ihnen ausnahmsweise, dass es sich bei den aus den Gebüschen springenden Gestalten in Wirklichkeit nur um die Betreuer handelt, die ihnen am nächsten Morgen wieder das Essen überreichen und „Ketchup oder Mayo?“ fragen werden.

Dann sind die Mädels tatsächlich wieder für die nächsten zehn Minuten beruhigt und können über die nächste Einlage lachen und ich weiß: ich habe etwas geschafft. Dasselbe gilt, wenn wir am Abreisetag abends vor einer komplett grünen Wiese stehen, die nicht darauf hindeutet, dass dort nur Stunden vorher die Infrastruktur eines kompletten Zeltlagers vorhanden war. Obwohl nach einem aufregenden Lager jeder nur noch Ruhe und Schlaf im Sinn hat, packen alle so gut es geht mit an, falten Planen zusammen, bauen Zelte ab und verlagern alles in den großen LKW, sodass am Abend wirklich deutlich wird, was mit Teamwork alles erreicht werden kann. Wie ist das schon mit Geld zu erreichen?

Ehrenamt bedeutet, dass jeder sein Bestes gibt, damit am Ende etwas Gutes entsteht. Das ist der große Vorteil im Vergleich zu einer bezahlten Arbeit. Häufig tut man dort das Nötigste, um das Geld zu verdienen, das man eben braucht. Im Ehrenamt hat man ganz andere Antriebe. Dort will man immer das Beste aus allem rausholen und geht immer noch einen Schritt weiter. Das zeigt sich beispielsweise auch bei den Betreuern des Pfizelas, die schon während und vor allem nach jedem Lager darüber nachdenken, was noch besser sein könnte, was wirklich schlecht war und was man unbedingt beibehalten muss. Das Ziel ist, am Ende noch mehr zufriedene Kinder zu haben. Dafür nimmt man es gerne in Kauf, auf Schlaf und Erholung zu verzichten und sich auch mal für die Kinder zum Affen zu machen.

Das Pfizela ist ein gutes Beispiel für funktionierendes Ehrenamt, für Zusammenhalt über Ortschafs- und auch Landkreisgrenzen hinaus und für Zeit, die so viele Erfahrungen und gute Momente beinhaltet, dass sie sicher nicht als vergeudet bezeichnet werden kann. Am Ende deines Lebens, sagt man, bereust du nicht das, was du getan hast, sondern nur das, was du nicht getan hast. Das sollten wir uns merken, wenn wir uns für oder gegen eine Sache entscheiden müssen – und dann entscheiden wir uns hoffentlich dafür.

DAS war vor einem Jahr. Nachdem ich jetzt genug Zeit hatte, gründlich auszuschlafen, geht es auch dieses Jahr wieder ab ins Pfizela! Habt ihr Lust, dabei zu sein? Vom 10. Bis zum 15. Juni 2019 findet im Fäules Loch in Bingen wieder das Pfizela der Sportkreisjugend statt. Meldet euch jetzt an! Für Kurzentschlossene ist die Anmeldung auch noch am Anreisetag direkt möglich.

Alle Infos findet ihr auf der Website der Sportkreisjugend Sigmaringen. Wir freuen uns auf euch!

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